Wirtschaftsverbänden zum neuen Rundfunkgebührenmodell

Stellungnahme von 20 Wirtschaftsverbänden zum neuen Rundfunkgebührenmodell. Anlass ist die heutige Anhörung der Länder zum Entwurf eines 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV-E).





ermöglicht eine ausgewogenere Verteilung
als das bisherige Modell. Grundsätzlich ist zudem festzuhalten, dass das neue Modell nur
dann breite gesellschaftliche Akzeptanz finden wird, wenn es keine Systemwidrigkeiten und
Diskriminierungstatbestände beinhaltet und unbürokratisch für alle Beteiligten gestaltet ist.
Eckpunkte
Gerechte Aufkommensverteilung
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Die Einbeziehung der deutschen Wirtschaft in die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks erfordert in jedem Fall eine gerechte Verteilung der damit verbundenen Belastung
für die einzelnen Unternehmen.
Unternehmensbezug statt Betriebsstättenansatz
Die Staffelung, nach der sich der Beitrag der Unternehmen bemisst (§ 5 Abs. 1 Satz1 15.
RÄStV-E), orientiert sich an der Anzahl der Beschäftigten nach Betriebsstätten. Dies führt
dazu, dass gleich große Unternehmen unterschiedlich stark belastet werden, je nachdem ob
diese an einem oder mehreren Standorten tätig sind. Dies steht einer gerechten
Belastungsverteilung entgegen. Bezugsgröße des neuen Rundfunkbeitrags darf daher nicht
die Mitarbeiterzahl in den einzelnen Betriebsstätten sondern muss das Unternehmen sein.
Die unterzeichnenden Verbände fordern daher, die Beteiligung der Wirtschaft in heutiger
Höhe über einen Beitrag je Unternehmen sicherzustellen. Um diesen Ansatz gerecht und
praktikabel zu gestalten, ist eine Staffelung nach Beschäftigtengrößenklassen erforderlich.
Mittelstandsfreundliches Modell
Die im Arbeitsentwurf des 15. RÄStV vorgesehene Staffelung nach
Beschäftigtengrößenklassen führt mit einer sehr starken Degression zu einer
überproportional starken Belastung kleiner Unternehmen pro Mitarbeiter. § 5 Abs. 1 15.
RÄStV-E muss insofern nachgebessert werden, dass eine Entlastung kleiner Unternehmen
gemessen an der nun vorgesehenen Staffelung herbeigeführt wird. Dies bedeutet einen
niedrigen Einstiegsbeitrag und einen moderaten Beitragsanstieg vor allem in den unteren
Beschäftigtengrößenklassen.
Unbürokratisch und branchenneutral
Eine weitere Maßgabe für ein neues Finanzierungsmodell ist eine unbürokratische und
branchenneutrale Beitragserhebung. Der bisher vorgesehene Betriebsstättenansatz wird
auch diesem Erfordernis nicht gerecht: Die Bürokratiekosten je Unternehmen würden mit der
Zahl der Betriebsstätten bzw. Filialen wachsen; Branchen mit hoher Filialisierung wie
Einzelhandel, Handwerk, Hotellerie, Systemgastronomie, Reisebüroketten und dezentral
aufgestellte Finanzinstitute wären hiervon besonders deutlich betroffen.
Viele dieser Branchen beschäftigen zudem eine besonders hohe Quote an Teilzeitkräften.
Um dort eine willkürliche Mehrbelastung zu vermeiden, muss die Definition von
Beschäftigten in § 6 Abs. 4 15. RÄStV-E konkretisiert werden. Hierbei darf keine zusätzliche
Bürokratie entstehen.
Benachteiligt werden ebenfalls Unternehmen, die auf Grund ihrer Geschäftstätigkeit viele
Fahrzeuge im Bestand halten.
Der Betriebsstättenansatz führt zudem zu zusätzlichem bürokratischen Aufwand, da etwa für
jede Filiale/Betriebsstätte die Mitarbeiterzahl bestimmt und gemeldet werden muss. Hinzu
kommt, dass die Anzahl der Betriebsstätten und die der beschäftigten Personen deutlichen
Schwankungen unterliegen.
Geräteunabhängig – ohne Brüche
Der von den Ländern angestrebte geräteunabhängige Ansatz ist richtig, da das bisherige
gerätebezogene Finanzierungssystem der Konvergenz der Medien nicht mehr gerecht wird.
Die Wirtschaft fordert, diesen geräteunabhängigen Ansatz konsequent und ohne Brüche
einzuführen. Anderenfalls kann die nötige Akzeptanz des Modells nicht aufgebracht werden.
Die Belastung nicht-privater Pkw, LKW und z.B. Baumaschinen und Traktoren mit einem
Drittelbeitrag zusätzlich zum bereits entrichteten Unternehmensbeitrag wäre innerhalb des
neuen Finanzierungsmodells eine Abkehr vom geräteunabhängigen Ansatz und daher ein
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Systembruch. Gleiches gilt für die vorgesehene Einbeziehung von Hotel- und Gästezimmern
sowie Ferienwohnungen zusätzlich zum Unternehmensbeitrag.
Diese Sondertatbestände müssen gestrichen werden. Mit dem Beitrag für die Unternehmen
gestaffelt nach Beschäftigtengrößenzahlen ist künftig die Beteiligung der Wirtschaft
abzugelten.
Durch die flächendeckende Erhebung des Beitrags und die damit verbundene erwartete
Mehrbelastung der Wirtschaft ist die Erhebung eines Beitrags für nicht-private Fahrzeuge
und eines gesonderten Beitrags für Hotelzimmer auch finanziell betrachtet überflüssig.
Beitragsaufkommen der Wirtschaft deckeln
Die Wirtschaft beteiligt sich heute am Gesamtaufkommen der Rundfunkfinanzierung mit 6%
(ca. 450 Mio.€/Jahr). Dieser Betrag muss im fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag
festgeschrieben werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft zur
Beseitigung von möglichen künftigen Finanzierungslücken herangezogen werden soll. Dies
lehnt die deutsche Wirtschaft ab.
Angebot der Wirtschaft
§§ 5 und 6 des Arbeitsentwurfs fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag bedürfen einer
grundlegenden Überarbeitung entsprechend den oben genannten Eckpunkten.
Die an dieser Stellungnahme beteiligten Verbände bieten an, nach Abschluss der Anhörung
in einen Dialog mit den Ländern zu treten, um gemeinsam über ein Modell entsprechend den
Eckpunkten zu beraten. Hierzu bedarf es zunächst jedoch der Offenlegung der den Ländern
vorliegenden und ihren Modellüberlegungen zugrundeliegenden Daten.
II. Unternehmens-Beispiele
Einzelhandel
Ein Großhandelsunternehmen mit 228 Beschäftigten, 13 Betriebstätten und 20 Pkw würde
nach dem neuen Modell künftig 407€/Monat entrichten. Für zehn Filialen würden jeweils 1
Beitrag pro Monat fällig, in drei Filialen jeweils 2 Beiträge. Für die 20 Pkw kämen ca. 120 €
hinzu. Im Vergleich dazu: ein Unternehmen mit 228 Mitarbeitern an nur einem Standort
müsste nach dem vorliegenden Vorschlag lediglich 4 Beiträge, also bezahlen 71,92 zzgl. 120
€ für die 20 Pkw, läge der Gesamtbetrag bei ca. 192 €. Dieser Filialbetrieb muss also 100%
mehr bezahlen als das Unternehmen mit nur einem Standort.
Ein bundesweit tätiges Filialunternehmen mit 23 000 Beschäftigten beschäftigt im Schnitt 15
Mitarbeiter pro Filiale. Damit werden pro Filiale 2 Beiträge fällig was bei 1150 Betriebsstätten
2300 Beiträge pro Monat sind. Würden die 23 000 Mitarbeiter alle an einem Standort
beschäftigt, würden hingegen lediglich die maximalen 150 Beiträge anfallen. Das
Filialunternehmen kommt demnach auf einen Betrag von ca. 496 000€/Jahr, das Ein-
Standort-Unternehmen hingegen wird mit 43 000 €/Jahr belastet. Das Filialunternehmen
bezahlt also das 10-fache des Betrags für ein Ein-Standortunternehmen.
Ähnlich gestaltet sich dies bei einem weiteren Filialhändler, der mit 3500 Beschäftigten und
200 Betriebsstätten monatlich 400 Beiträge entrichten müsste, das Ein-Standort-
Unternehmen läge mit 3500 Beschäftigten bei 20 Beiträgen monatlich. Das
Filialunternehmen bezahlt also das 20-fache. In konkreten Jahresbeträgen fielen für das Ein-
Standort-Unternehmen 4315 € an, für das Filialunternehmen hingegen ein Betrag von rund
86 300 € pro Jahr.
Ein weiteres Filialunternehmen mit 54 Standorten und insgesamt 660 Mitarbeitern leistet
nach dem neuen Modell 767€ monatlich. Hätte das Unternehmen seine 660 Mitarbeiter an
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einem Standort beschäftigt, so wären nur 12 Beiträge in Höhe von 17,98€ im Monat, also
215,36€ fällig. Das heißt, das Filialunternehmen leistet ca. 250% mehr gegenüber dem
gleichgroßen Unternehmen mit nur einem Standort.
Handwerk
Ein kleiner Betrieb des Sanitär- und Heizungsgewerbes aus Lübeck mit nur 5 Beschäftigten
wird insbesondere durch das Vorhandensein von insgesamt 4 Fahrzeugen bereits mit einer
Steigerungsrate zur Abgabenlast von 142 % betroffen (503 statt 207 Euro im Jahr).
Eine mittelgroße Tischlerei mit 18 Beschäftigten in Berlin, die nur einen Standort und nur ein
Fahrzeug hat zahlt heute für zwei Radios in Werkstatt und Fahrzeug ca. 140 Euro im Jahr.
Im neuen System müsste das Unternehmen 2 volle Rundfunkbeiträge für die Beschäftigten
und einen Drittelbeitrag für das Fahrzeug entrichten. Das entspricht 503 Euro im Jahr, eine
Steigerung um 260 %!
Eine größere handwerkliche Bäckerei in Bayern mit 278 Beschäftigten, 16 Fahrzeugen und
23 kleinen Filialen zahlt heute bereits 967 Euro im Jahr Rundfunkgebühren (im Wesentlichen
für die Fahrzeuge). Zukünftig müsste sie für alle Filialen (in denen sich kein einziges
Rundfunkgerät befindet) und für alle Fahrzeuge insgesamt 6.616,36 Euro im Jahr zahlen!
Das entspricht einer Steigerung um 580 %.
Systemgastronomie
Ein Betrieb der Systemgastronomie, der in Deutschland 55 Filialen und insgesamt 1.650
Mitarbeiter beschäftigt, zahlt heute Rundfunkgebühren aufgrund der vorhandenen
Rundfunkempfangsgeräte in Höhe von 625,- Euro pro Monat. Nach dem neuen
Finanzierungsmodell müsste dieser Betrieb zukünftig 1.977,80 Euro an Rundfunkgebühren
pro Monat zahlen. Das bedeutet einer Verdreifachung der Rundfunkgebühren.
Autovermietung
Ein Autovermieter mit 15 Mitarbeitern und 200 Fahrzeugen an drei Standorten würde im Jahr
mit gut 15.000 € belastet, also nahezu der Hälfte des Beitrages, der nach dem jüngsten
Referentenentwurf für einen Produktionsbetrieb mit 20.000 Beschäftigten oder mehr
vorgesehen ist. Ein Unternehmen mit 45.000 Fahrzeugen und einem bundesweiten
Stationsnetz von ca. 300 Filialen müsste mehr als 3,6 Millionen €/Jahr zahlen, also mehr als
das 110-fache des Beitrags, der für einen Produktionsbetrieb mit 20.000 Beschäftigten oder
mehr vorgesehen ist.



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